Frau Doktor Marianne Lehnert ist Internistin. Seit mehreren Jahren betreibt sie eine gut laufende Hausarztpraxis in einer ländlichen Region Niedersachsens. Um ihr Leistungsangebot zu erweitern, möchte sie ihren Patienten künftig selbst eine Magnetresonanztomografie anbieten. Müsste sie den Apparat alleine finanzieren, würde das ihre finanziellen Möglichkeiten aber weit übersteigen. Sie plant deshalb mit anderen Ärzten der Region eine ärztliche Apparategemeinschaft.
Natürlich hat solch eine Apparategemeinschaft Vor- und Nachteile. Finanziell entlastet sie die beteiligten Ärzte. Der Abstimmungsbedarf ist bei einer Apparategemeinschaft für Ärzte aber relativ hoch.
Gibt es für die Apparategemeinschaft eine Definition?
Für die Apparategemeinschaft ist als Definition eine Beschreibung im Paragraf 15, Absatz 3 des Bundesmantelvertrags „Ärzte“ geeignet:
„Vertragsärzte können sich bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung mit der Maßgabe zusammenschließen, dass die ärztlichen Untersuchungsleistungen nach fachlicher Weisung durch einen der beteiligten Ärzte persönlich in seiner Praxis oder in einer gemeinsamen Einrichtung durch einen gemeinschaftlich beschäftigten angestellten Arzt nach § 32b Ärzte-ZV erbracht werden.“
Für Apparate ist eine Definition in der Europäischen Verordnung für Medizinprodukte verfügbar. Sie werden dort zu den Medizinprodukten gezählt und sind laut Verordnung für Menschen bestimmte Instrumente, die alleine oder in Kombination einen oder mehrere Zwecke wie Behandlung, Diagnose, Linderung, Prognose, Überwachung, Verhütung und Vorhersage erfüllen.
Hausärzte sind nicht die einzigen, die eine Apparategemeinschaft für Ärzte bilden können. Die Kooperationsform existiert auch für andere Ärzte wie Zahnärzte. Zudem müssen – anders als es für die Apparategemeinschaft in der Definition klingt – nicht zwangsläufig nur natürliche Personen Mitglieder einer Apparategemeinschaft sein. So kann eine medizinische Kooperationsgemeinschaft beispielsweise aus einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und diversen Einzelpraxen bestehen.
Die Apparategemeinschaft: Welche Merkmale hat sie?
Die Apparategemeinschaft hat Merkmale, die vor allem Finanzielles betreffen. Bei ihr teilen sich Mediziner wie Frau Dr. Lehnert die Kosten für den Kauf und Betrieb medizinischer Großgeräte. Die dafür entstehende Gesellschaft regelt im Binnenverhältnis der Mitglieder Fragen wie:
- Wer beteiligt sich mit welchem Anteil an den Kosten für Erwerb und Betrieb des Apparates und welchen Anteil am Apparat erwirbt er damit ?
- Wie soll beim Ausscheiden eines Gesellschafters verfahren werden und wie wird entschieden, ob man neue Mitglieder in die Apparategemeinschaft aufnimmt?
- Wie wird die Apparategemeinschaft geführt und wer entscheidet über die Einstellung neuen Personals?
Die Mitglieder der Apparategemeinschaft sollten Regeln schriftlich in einem Vertrag festhalten. Geführt werden kann die Gemeinschaft z. B. von einem Mediziner, der dafür von den Gesellschaftern eingestellt wird. Als Alternative übernimmt ein bereits bei einem Gesellschafter angestellter Arzt oder der Gesellschafter selbst die Leitung. Nicht gemeinschaftlich ist in der Apparategemeinschaft die Abrechnung.
Jedes Mitglied rechnet die Leistungen der Apparategemeinschaft für seinen Patienten als eigene Leistung ab, auch wenn jemand anderes sie ausgeführt hat. Der Behandlungsvertrag besteht zwischen ihm und dem Patienten. Bei der Größe entfaltet die Apparategemeinschaft keine Merkmale, die für sie typisch sind. Sie kann aus wenigen Mitgliedern bestehen, aber auch mehrere hundert Mediziner umfassen.
Praxisgemeinschaft: Was ist beim Datenschutz wichtig?
Dass jeder Arzt einer Praxisgemeinschaft seinen eigenen Patientenstamm besitzt, ist nicht zuletzt für den Datenschutz relevant. Es bedeutet nämlich, dass Arzt A keinen Zugang zu den Patientendaten von Arzt B erhalten darf und umgekehrt. Das ist z. B. dann wichtig, wenn Onlinebefunde durch eine Apparategemeinschaft ermöglicht werden. Jeder Arzt der Praxisgemeinschaft darf nur Zugriff auf die Patientendaten seiner eigenen Patienten erhalten.
Ärztliche Kooperationsformen: Welche gibt es?
Ärztliche Kooperationsformen gibt es mehr als nur eine. Die Apparategemeinschaft ist – wie die Untergruppe der Laborgemeinschaften – eine Praxisgemeinschaft, allerdings keine Berufsausübungsgemeinschaft der Ärzte. Aber was ist eine Berufsausübungsgemeinschaft?
Viele kennen die Berufsausübungsgemeinschaft noch unter dem Begriff Gemeinschaftspraxis. Solch ein Zusammenschluss kann aus Medizinern der gleichen Fachrichtung bestehen: eine orthopädische Gemeinschaftspraxis ist ein Beispiel dafür. Möglich ist aber auch eine interdisziplinäre Kooperation. Stets führen medizinische Fachkräfte die Praxis gemeinsam und rechnen auch gemeinsam Leistungen ab. Konkrete Regeln definiert bei einer Berufsausübungsgemeinschaft ein Vertrag, der von den einzelnen Mitgliedern unterzeichnet wird.
Die gemeinsame Leistungsabrechnung existiert bei einer Praxisgemeinschaft nicht. Daraus ergibt sich in Bezug auf ärztliche Kooperationsformen die Frage: Was ist eine Praxisgemeinschaft?
Was unterscheidet eine Gemeinschaftspraxis von einer Praxisgemeinschaft?
Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft: Wo ist der Unterschied? Sucht man für die Praxisgemeinschaft nach einer Definition, stößt man auf folgenden Satz auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:
„In der Praxisgemeinschaft schließen sich Ärzte und/oder Psychotherapeuten mit dem Ziel zusammen, Räume, Geräte und Personal gemeinsam zu nutzen.“
Hier wird zwischen Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis ein Unterschied deutlich, der auch gegenüber den Krankenkassen wichtig ist. Anders als bei einer Berufsausübungsgemeinschaft behält jeder Vertragsarzt in der Praxisgemeinschaft seinen eigenen Patientenstamm und rechnet gesondert mit den Krankenkassen ab. Daraus folgt:
Wer die relativ engen Formen einer Zusammenarbeit in der Berufsausübungsgemeinschaft als Nachteil empfindet und dennoch auf ärztliche Kooperationsformen setzen möchte, entscheidet sich besser nicht für eine Gemeinschaftspraxis, sondern für eine Praxisgemeinschaft wie die Apparate- oder die Laborgemeinschaft.
Warum macht eine Apparategemeinschaft Sinn?
Insbesondere bei Finanzierungsfragen entfaltet die Apparategemeinschaft ihre Vorteile, denn sie ist kosteneffektiv. Weshalb ist eine ärztliche Apparategemeinschaft kosteneffektiv?
Einerseits natürlich, weil die Finanzierung der Apparate ebenso wie die Betriebskosten auf mehreren Schultern lasten. Darüber hinaus lohnt sich der Kauf eines Großgeräts für eine Einzelpraxis oft nicht, weil die Auslastung zu gering wäre. Schließen sich mehrere Praxen zur Apparategemeinschaft zusammen, sieht das völlig anders aus.
Solche Kooperationen haben aber nicht nur für die beteiligten Mediziner Vorteile. Zusätzlich kann die Apparategemeinschaft eine Bedeutung für die medizinische Versorgung einer Region entfalten, die durch das Engagement von Einzelpraxen nicht möglich wäre.
Hat die Apparategemeinschaft Nachteile?
Natürlich ist nicht alles positiv. Für den einzelnen Mediziner hat die Apparategemeinschaft auch Nachteile. Die größte Herausforderung für die Mediziner ist die Notwendigkeit, die gemeinschaftliche Investition und den gemeinsamen Betrieb der Apparate rechtssicher zu gestalten. Deshalb sollte man für jede Praxisgemeinschaft einen Vertrag individuell ausarbeiten. Zwar gibt es im Internet manch einen Mustervertrag für die Praxisgemeinschaft. Ebenfalls verfügbar ist für eine Apparategemeinschaft ein Mustervertrag. Sie können ein individuell ausgearbeitetes Vertragswerk aber nicht ersetzen.
Bei advomeda finden Sie viele erfahrene juristische Fachkräfte, die Sie bei der Ausarbeitung eines individuellen Vertrags für eine Apparategemeinschaft unterstützen.
Eine Apparategemeinschaft hat bisweilen weitere Nachteile. So können z. B. bei der Abrechnung mit Krankenkassen Probleme auftreten, wenn die einzelnen Praxen zu viele gemeinsame Patienten haben. Darüber hinaus gibt es Herausforderungen beim Datenschutz in der Apparategemeinschaft.
Welchen Nutzen bieten Laborgemeinschaften?
Laborgemeinschaften zählen zu den Apparategemeinschaften, aber nicht jede Apparategemeinschaft ist eine Laborgemeinschaft. Sucht man für die Laborgemeinschaft nach einer Definition, wird man im Bundesmantelvertrag-Ärzte fündig:
„Laborgemeinschaften sind Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen des Abschnitts 32.2 EBM regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Einrichtung zu erbringen.“
Eine ärztliche Laborgemeinschaft hat im Prinzip dieselben Vorteile wie andere Apparategemeinschaften. Sie reduziert Kosten und ermöglicht als medizinische Kooperationsgemeinschaft Angebote, die für viele Einzelpraxen alleine nicht finanzierbar wären.
Kompliziert kann bei der Laborgemeinschaft die Abrechnung mit dem Finanzamt werden. Wichtig ist dabei die Frage, für wen die Gemeinschaft Leistungen erbringt und ob sie dafür geschaffen wurde, Gewinne zu erzielen. Dasselbe wie für die Laborgemeinschaften gilt auch für andere Apparategemeinschaften.
Worauf ist bei einer Apparategemeinschaft-Abrechnung zu achten?
Bei einer Apparategemeinschaft kann die Abrechnung kompliziert werden. Erbringt sie ausschließlich Leistungen für ihre Mitglieder und wurde nicht dafür gegründet, Gewinne zu erwirtschaften, muss die Apparategemeinschaft der Ärzte keine Umsatzsteuer auf den Preis für ihre Leistungen aufschlagen. Die Grundlage dafür ist Paragraf 4, Nummer 29 im Umsatzsteuergesetz. Derselbe Paragraf legt übrigens in Nummer 14 fest, dass generell auf ärztliche Leistungen keine Umsatzsteuer erhoben wird.
Mit der Umsatzsteuer müssen Ärzte dagegen rechnen, sobald sie mit ihrer Apparategemeinschaft als Unternehmer tätig sind. Das ist der Fall, wenn sie Gewinne erzielen möchten und ihre Apparategemeinschaft auch Nichtmitgliedern Leistungen anbietet. In diesem Fall werden für die Leistungen der Apparategemeinschaft bei der Abrechnung Umsatz- und Gewerbesteuer fällig.
Was ist bei der Abrechnung mit Krankenkassen wichtig?
Der Unterschied zwischen Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis wird für Vertragsärzte beispielsweise in der Abrechnung mit den Krankenkassen relevant. Eine Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) erbringt medizinische Leistungen stets als Gesamtheit. Sie rechnet die Behandlung jedes Patienten pro Quartal mit den Krankenkassen ab.
Bei einer Praxisgemeinschaft wie einer Apparategemeinschaft ist die Abrechnung anders. Hier kann jeder an der Gemeinschaft beteiligte Vertragsarzt einzeln Leistungen abrechnen. Dadurch sind pro Patient mehrere Abrechnungen pro Quartal möglich, wenn etwa Gesellschafter A und Gesellschafter B ihn behandeln.
Aber Achtung: Der Anteil der Patienten, die von beiden Gesellschaftern behandelt werden, darf nicht zu groß werden. Ansonsten geht die Kassenärztliche Vereinigung davon aus, dass statt einer Praxisgemeinschaft eine Gemeinschaftspraxis existiert, die die Behandlung eines Patienten nur einmal pro Quartal abrechnen kann. Die Prozentzahlen variieren. Aber manche Quellen gehen davon aus, dass Probleme bereits dann entstehen können, wenn 20 Prozent des Patientenstamms identisch sind.
Soll man die medizinische Kooperationsgemeinschaft bevorzugen?
Die medizinische Kooperationsgemeinschaft hat Vor- und Nachteile, die ja bereits dargestellt wurden. Möchte man eine Arztpraxis eröffnen, sind Voraussetzungen zu erfüllen, zu denen eine solide Finanzierung gehört. Die lässt sich in der Gruppe oft einfacher realisieren. Für Investitionen bei bereits laufender Praxis gilt Ähnliches.
Frau Dr. Lehnert hat sich deshalb für die Kooperation entschieden. Bei der Entscheidung für eine Kooperation bleibt aber viel Spielraum, um das erwünschte Verhältnis von Eigenständigkeit und Kooperation zu realisieren. Wählt sie als medizinische Kooperationsgemeinschaft die Apparategemeinschaft, behält sie mehr Eigenständigkeit als Nichtmitgliedern Ärztin in einer Berufsausübungsgemeinschaft.
Welche Praxisgemeinschaft-Rechtsformen gibt es?
Ärzte haben für die Praxisgemeinschaft diverse Rechtsformen zur Auswahl. Häufig wählen sie für die Praxisgemeinschaft als Rechtsform die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie kann aber den Nachteil haben, dass jeder Gesellschafter bei einem beruflichen Fehler eines Einzelnen haftbar gemacht wird.
Entscheidet man sich bei der Praxisgemeinschaft für andere Rechtsformen, ist das nicht so. So kann man als Rechtsform für die Praxisgemeinschaft u. U. eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) realisieren, bei der die Haftung generell begrenzt ist.
Darüber hinaus ist für ärztliche Kooperationsformen wie die Berufsausübungsgemeinschaft die Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft möglich. Hier haftet jedes Mitglied wiederum mit seinem Privat- und Geschäftsvermögen. Bei beruflichen Fehlern ist aber nur derjenige haftbar, der sie begangen hat.
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Bildquellen zum Ratgeber „Apparategemeinschaft: Gemeinsam mehr erreichen!“
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